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Höhe des Insolvenzgelds bei sittenwidrigem Lohn

Das Sozialgericht Mainz hatte zu entscheiden, wie hoch der Insolvenzgeldanspruch eines Arbeitnehmers ist, der zuvor ein sittenwidrig niedriges Arbeitsentgelt erhalten hatte.

Im Falle der Insolvenz ihres Arbeitgebers können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein so genanntes Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit (BA) erhalten. Es wird erbracht, wenn der Arbeitgeber Löhne aufgrund seiner Insolvenz nicht zahlen kann. Konkret wird für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor dem Insolvenzereignis das fehlende Arbeitsentgelt durch die BA gezahlt und zwar grundsätzlich in Höhe des seitens des Arbeitgebers geschuldeten Nettoarbeitsentgelts.

Kläger verlangte höheres Insolvenzgeld

Der Kläger hatte von der beklagten BA Insolvenzgeld für die Monate November 2012 bis Januar 2013 erhalten. Für den November zahlte ihm die BA 396,80 Euro ausgehend von den vorhandenen Lohn- und Gehaltsabrechnungen. Hiergegen wandte sich der Kläger und verlangte Insolvenzgeld für den November 2012 in Höhe von insgesamt rund 1.421,99 Euro. Im gerichtlichen Verfahren stellte sich heraus, dass der Kläger bei seinem ehemaligen Arbeitgeber als Maurer in Vollzeit zu einem Lohn von 400 Euro brutto monatlich beschäftigt war.

Vertragliches Entgelt war sittenwidrig

Das Gericht gab der Klage mit Urteil vom 07.09.2018 (Az. S 15 AL 101/14) statt und verurteilte die BA zur Zahlung von Insolvenzgeld in Höhe der beantragten 1.421,99 Euro. Zur Begründung führte es unter anderem aus, dass die BA zwar zu Recht von einem vertraglich vereinbarten Nettoentgelt von 396,80 Euro ausgegangen sei. Dieses sei jedoch sittenwidrig, da es in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Arbeitsleistung stehe.

Wann besteht ein auffälliges Missverhältnis zwischen Lohn und Arbeit?

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestehe ein auffälliges Missverhältnis zwischen Lohn und Arbeit, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal 2/3 eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht. Der Kläger habe zu einem Stundenlohn von 2,27 Euro gearbeitet, was gerade einmal einem Fünftel des damals maßgeblichen Tariflohns der Baubranche entsprochen habe.

Kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers

Für die Höhe des Insolvenzgeldes folge hieraus, dass dieses nicht auf Grundlage der vertraglichen Vergütungsabrede zu bemessen ist, sondern auf Grundlage des üblicherweise gezahlten Tariflohns. Es könne auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers darin gesehen werden, dass er monatelang die Zahlung eines untertariflichen Lohnes hingenommen habe, nun aber von der BA Insolvenzgeld auf der Grundlage tariflichen Lohnes verlange. Er begehre einen letztlich gesetzlich vorgezeichneten Lohnanspruch, der ihm in ungesetzlicher Weise bislang vorenthalten worden sei. Gerade in den Fällen des Lohnwuchers sei es regelmäßig so, dass Arbeitnehmer sich wegen einer schwächeren Lage oder unter dem Zwang der Arbeitsmarktverhältnisse auf einen ungünstigen Vertrag einlassen.

(SG Mainz / STB Web)

Artikel vom 25.09.2018